Bands: Verklärungsnot, Niemandsland, Kid Louie Date: 06.05.2017 Venue: Stand Up Club, Fischamend
Lebt man in Wien, hat man am Wochenende oft die Qual der Wahl, was das Abendprogramm betrifft. Unzählige Clubs und Locations feiern das Ende der Woche in ihren unterschiedlichsten Facetten. Ob schicki-micki und bling bling in einer der Wiener Discos, ob Möchtegern High-Society in einer der Clubs in der Innenstadt oder einer der eher wenigen aber dennoch großteils feinen Konzertlocations – Wien hat ziemlich viel zu bieten.
Blickt man aber einmal über den Tellerrand (im heutigen Falle über die Stadtgrenzen Wiens) hinaus, liegt es durchaus im Möglichen, die ein oder andere neue Konzertlocation für sich auszumachen. Nachdem man als Schreiberling für dieses Magazin ja ununterbrochen auf der Suche nach neuen Locations und die Entdeckungslust neuer Bands schon fast obszön ist, stieg ich an diesem Samstag ins Auto und fuhr schnurstracks ins 25km entfernte Fischamend in Niederösterreich.
„Freispiel“ hieß die Veranstaltung die ganz im Zeichen des Punks und des Punk Rocks stand. Ach ja die Location? Das Konzert fand im Stand Up Club statt, der mich – kurzum – ziemlich umgehauen hat. Wenn man in einem fünftausend Einwohner kleinen Nest (nichts für ungut, liebes Fischamend) das sehr beschaulich und ein ruhiges Örtchen in Niederösterreich ist, ein Punk Rock Konzert gibt, erwartet man definitiv (erfahrungsgemäß) etwas anderes. Der Stand Up Club nämlich ist ein Schmuckstück und genau die richtige Location für kleinere Shows. Die Organisation der Bar in diesem Club ist nicht professionell und abgebrüht, sondern versprüht ländlichen Charme und ist genau deshalb sehr sympathisch und gefällt auf Anhieb, wenngleich die penibelst in die Wand eingebaute Bierzapfanlage allerhöchsten Respekt verdient.
Ein weiterer Überraschungsmoment für mich war die Licht- und Tonanlage samt den dazugehörigen Technikern. Die gesamte Anlage ist klein, aber sehr fein. Auch hier nochmal einen Applaus für die Techniker, denn die Gigs der drei Bands (Verklärungsnot, Niemandsland, Kid Louie) waren sehr gut beleuchtet und optimal ausgespielt. Es war nie zu leise und (noch viel wichtiger) zu keinem Zeitpunkt zu laut und übersteuert. Hier können sich einige Veranstalter in Wien (in kleineren Locations) tatsächlich Nachhilfe geben lassen.
Kommen wir zum Eigentlichen dieses Abends, den Bands und deren Darbietungen. Wie Eingangs schon erwähnt, stand dieser Abend ganz im Zeichen des Punks und des Punk Rocks. Da es keine festgelegte Running Order gab, machten sich die Bands die Reihenfolge untereinander selber aus.
Den Reigen eröffnet hat an diesem Samstag das Vierergespann von Verklärungsnot. Die „Polit-Punker“ aus Perchtoldsdorf in Niederösterreich machen sich unter anderem über die Themen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik her. Die sehr sympathische junge Truppe singt deutsch und lebt ihren Punk mit jeder Faser. Zumindest kommt das live genau so rüber. Ihre Songs halten die Jungs in sehr hohem Tempo ab und kreieren damit so manch echt coole Nummer. Ansonsten wäre noch zu sagen, dass Verklärungsnot ziemlich coole Melodien und gute Rhythmen in ihren Tracks verbauen. Die Interaktion mit dem Publikum war ganz witzig und lustig, dennoch könnten die Mannen noch ein wenig mehr aus sich herausgehen und müssten nicht angespannt sein. Ihre Lieder überzeugen und sie dürften sich selber etwas mehr feiern. Wenngleich ich weiß, dass genau der Spielstil den Verklärungsnot zelebriert, körperlich anstrengend ist bei ihren rasanten Riffs und ihren mehrstimmigen Choralen Intonierungen. Das Gespann ist noch jung, macht aber ihre Sache sehr gut und darf gerne gesehen werden bei Gelegenheit.
Den zweiten Programmpunkt diesen Abends setzten die Jungs von Niemandsland. Auch diese Band kommt aus Niederösterreich, genauer gesagt aus Scharndorf und Umgebung. Die „Post-Austro-Pop-Rock“-Band (wie sie sich laut Gesichtsbuch selber betiteln) schlägt schon sehr dezentere Töne an als ihre Vorgänger. Dennoch ziehen ihre teils eigenwilligen aber, in Punkto Songwriting, wirklich tollen Lieder das Publikum vor die Bühne. Kurzzeitig waren wahrscheinlich alle anwesenden Besucher (die Zahl dürfte sich so auf 60-70 Leute belaufen) auf der Tanzfläche um der Darbietung zu lauschen. Die Arrangements Niemandslands sind sehr ausgefeilt und durchdacht. Das macht ihre Songs – im Vergleich zum Rest der Akteure heute – etwas sanfter und gedämpfter. Dennoch können die Jungs mit Akustikgitarre und Einlagen von Mundharmonika und diversen unterschiedlichen Schlagwerken punkten. Leider konnten ihre Songs dann doch nicht lange das gesamte Publikum fesseln. Wie gesagt, ihre Nummern sind toll arrangiert, aber auf längere Zeit, kommt dann leider auch schnell Langeweile auf. In mein Gedächtnis gebrannt, hat sich die Covernummer von Kraftwerk „Das Model“. Wow, Leute – diese Nummer habt ihr tatsächlich sehr geil umgesetzt. Das Gitarrenspiel in diesem Song haben Niemandsland richtig genial gebracht – ein Gary Moore wäre stolz!
Den Abschluss an diesem schon ganz guten Abend machten dann Kid Louie aus Wien. Beim Ausmachen der Reihenfolge, haben die Bands untereinander anscheinend instinktiv gehandelt…ganz so aus dem Nichts kam die endgültige Reihenfolge dann doch nicht. Denn Kid Louie setzte nämlich dem Abend in Fischamend die Krone auf. Die Truppe aus der Hauptstadt legt mit „Can’t take this anymore“ gleich furios los und brechen das Eis zum Publikum. Nicht nur die mitgereisten Fans, sondern
fast die gesamte Location feiern ab diesem Moment eine große Party. Kid Louie zeigen ein gelungenes Repertoire aus eigenen Liedern und Cover Songs. Die Cover Songs haben die Mannen auf jeden Fall punktgenau drauf und können so „Kid Louie-Neulinge“ für sich gewinnen. Dennoch muss sich Kid Louie keineswegs mit ihren eigenen Songs verstecken. Die haben nämlich alle mächtig Drive und Power, regen zum Mitgehen an und machen richtig gute Laune. Die Erfahrung die die Bandmember aus anderen Bands
mitbringen, merkt man in ihren Tracks. Die Mannschaft ist eingespielt und ihre Lieder wirken sehr homogen und rund. Von richtig coolen Riffs, über gute Melodien, einem singenden Bassisten bis hin zu einer kleinen
Bestie an den Drums, haben Kid Louie alles zu bieten. Die mehrstimmigen Passagen wirken sehr auflockernd und machen die Songs noch einen Deut frischer. Kid Louie vereinen den Punk und den Rock auf eine coole und lockere Art und Weise, womit ihre Songs leicht zu hören sind und sich im Gehörgang festkrallen. Bei so viel Lobhudelei muss natürlich auch ein klein wenig konstruktive Kritik angebracht werden. Die Interaktion mit dem Publikum funktionert eigentlich sehr gut, dennoch könnte hier noch an der ein oder anderen Stellschraube geschraubt werden. Hey Männer – ihr habt es drauf, könnt euch auf eure Sache die ihr macht verlassen – es kommt an – ihr könnt ruhig noch ein wenig lockerer sein. Mag sein, dass das Lampenfieber hier versucht, manchen Moment an sich zu reissen – versteht man als Zuschauer auch. Aber ihr könnt in Zukunft befreiter aufspielen, denn das was ihr dem Publikum zeigt, ist gut, sehr gut, es kommt an und die Leute feiern euch.
Was mich sehr gefreut hat an diesem Abend war, dass auch die anderen Bands vor die Bühne traten und bei Kid Louie abrockten. Sehr schöne Szenen waren das. In ihrer Show holten die Wiener dann auch noch befreundete Musiker von der Hardcore/Punk/Rock Band Mantan auf die Bühne um gemeinsam mit ihnen einen Cover Song zu performen – war sehr lässig.
Zum Abschluss, wollte das Publikum dann noch eine Zugabe, oder zwei, oder drei…die Fans wollten einfach mehr und noch mehr. Und so ließen sich Kid Louie auch gar nicht allzu lange bitten und erfüllten dem aufgepushten Publikum deren Wünsche. Kid Louie ging an diesem Abend genauso, wie sie kamen, nämlich furios mit einem punktgenauem „Punk Rock Song“ von Bad Religion. Leider steht zur Zeit nur ein weiterer Live-Termin auf Kid Louie’s Spielplan – im November diesen Jahres in Perchtoldsdorf (NÖ) – denn
wer die Möglichkeit hat, diese Truppe zu sehen, sollte diese unbedingt ergreifen – kommen sie, sonst weinen sie. Mich hat diese Band an diesem Abend definitiv überzeugt und ich werde mir die nächste Show auf jeden Fall reinziehen.
Mein Dank zum Ende geht neben den Bands des Abends – ihr wart alle großartig – natürlich auch an die Betreiber- und -innen des Stand Up Clubs in Fischamend. Ihr habt hier einen kleinen aber wunderbaren Club, der Charme hat und ein richtiger Geheimtipp zu sein scheint. Macht genau so weiter und hält dieses Unterfangen noch ganz ganz lange am Leben.