Ein sanft rezitiertes Gedicht eröffnet „Wije I Mary, Pt. 1“, das Eingangsstück des Albums. Es folgt ein stetiges Crescendo, das sich mit Drums, Gitarren und schließlich entfesseltem Chaos steigert. Übersetzt als „Wind und Mary“ erweist sich der Song als wahrhaft bedrohlich. Die Klangwand aus infernalischem Schlagzeugspiel und sägenden Riffs macht deutlich, dass auf Tooth and Nail Energie und Dynamik auf höchstem Niveau angesiedelt sind. Solide Komposition, dichte Atmosphäre – ein starker Auftakt für das Album.
Energiegeladener Death Metal mit beeindruckender Komposition
„Halo Of Bones“ führt diese Energie fort, wenn auch mit leicht gedrosseltem Tempo – was der Dynamik jedoch keinerlei Abbruch tut. Wilde Growls und unbarmherzige Drums dominieren eine überaus eindrucksvolle Komposition, durchzogen von einem Hauch Melancholie – so paradox das bei diesem Tempo und dieser Gewalt auch erscheinen mag. Ein technisch anspruchsvolles und exzellent ausgeführtes Gitarrensolo beendet den Song. Ein echtes Highlight!
DORMANT ORDEAL wurde ursprünglich 2005 als Soloprojekt gegründet – von Radek Kowal, der bis 2023 als Drummer aktiv war. Tooth and Nail ist das erste Album der Band ohne ihr Gründungsmitglied. Stilistisch bewegt sich das Werk in jener Linie, die auch andere polnische Death-Metal-Größen wie Decapitated oder die späten Behemoth bekannt gemacht haben.
„Horse Eater“ setzt das gnadenlose, bedrückende Tempo fort – ein völliger Frontalangriff aus Drums und sägenden Gitarren. Ein massiver, knochenzermalmender Song mit gutturalem Gesang und einem schneidenden Gitarrensolo. Der Track unterstreicht eindrucksvoll das technische Können der beiden Bandmitglieder. 2008 wandelte sich DORMANT ORDEAL von einem Ein-Mann-Projekt zu einer festen Band – mit Maciej Nieścioruk (ex-Mortify) an Gitarre, Bass, Songwriting und Texten sowie Maciej Proficz (Cursebinder, ex-Moanaa, ex-Collider) am Mikrofon. Beide prägen bis heute das Vermächtnis der Formation.
Die Produktion ist ausgewogen und betont die technischen wie kompositorischen Stärken der Band.
„Orphans“ setzt das erbarmungslose Klangbild des Albums fort – mit einem zermalmenden Tempo, das von der Rhythmussektion vorgegeben wird. Die Gitarren sägen unaufhörlich, der Gesang ist roh und gemein. „Solvent“ beginnt langsamer und gitarrenbetonter, was dem Album eine neue Dynamik verleiht. Beinahe flüsternde Gesangspassagen zeigen die kompositorische Vielschichtigkeit der Band. Tempowechsel sind hier deutlicher spürbar, und erneut blitzt ein kaum greifbarer Hauch von Melancholie in Gitarren und Vocals auf. Besonders hervorzuheben ist die beeindruckende gesangliche Bandbreite, inklusive einer ungewöhnlich klaren und verständlichen Growl-Stimme. Ein besonderes Highlight ist der Gastsänger-Einsatz von Drummer Dominic Nucciarone (Intonate, RGRSS, ex-Deathlehem), der dem Song mit seinen Vocals zusätzliche Tiefe verleiht. Ein weiterer Höhepunkt auf einem ohnehin starken Album.
Eine sehr gelungene Produktion im echten Death-Metal-Stil, dabei mit einer leicht modernen Herangehensweise. Genau das, was die Band braucht, um ihre beeindruckenden Fähigkeiten – sowohl technisch als auch kompositorisch – voll zur Geltung zu bringen. Nicht zu glattgebügelt, sondern genau auf den Punkt produziert: klar, ausgewogen, druckvoll. Die herausragende Schlagzeugarbeit auf dem Album stammt vom erfahrenen Musiker Chason Westmoreland (Burning the Masses, Cambion, Shrine of Skulls, Brand of Sacrifice, Ghost of the Universe, ex-Abigail Williams, ex-Hate Eternal, ex-The Faceless – um nur einige seiner zahlreichen Live- und Studioauftritte zu nennen).
Schwere Klangwände, melodische Strukturen und erdrückendes Drumming
Mit „Dust Crown“ setzt sich der beklemmende Rhythmus fort. Mehrschichtige Gitarrenakkorde tragen die vielschichtige Melodie. Der Fokus liegt hier spürbar auf Atmosphäre und Ambient-Elementen, die dominanten Riffs werden von ausgefeilten Solos und erneutem Blastbeat-Gewitter perfekt ergänzt. Auch der brutale Gesang überzeugt vollends. Dasselbe gilt für die verzerrten Gitarren und die gnadenlose Rhythmussektion.
„Against The Dying Of The Light“ bleibt dem bisher etablierten Stil und Rhythmus treu. Schwere Klangtexturen treffen auf melodische Elemente in einem zermalmenden Song mit wuchtigem Drumming und donnerndem Bass. Dazu gesellen sich dämonische Growls, die dem Ganzen eine tiefdüstere Note verleihen.
Das Debütalbum It Rains, It Pours aus dem Jahr 2013 fand sowohl bei Fans als auch Kritikern positive Resonanz und sicherte DORMANT ORDEAL einen festen Platz in der polnischen Death-Metal-Szene – mit wachsendem Einfluss auch auf internationaler Ebene. We Had It Coming, das dritte Werk der Band, gilt bis heute als ihr bisher bestes, auch wenn alle bisherigen Veröffentlichungen weltweit Anerkennung fanden. Diese solide Diskografie wird nun durch Tooth and Nail eindrucksvoll ergänzt.
Ein dynamischer Ansatz, der Aggression, technische Finesse und Ausdrucksstärke vereint
„Everything That Isn’t Silence Is Trivial“ beginnt erneut mit einem akustischen Intro, das sich in einen massiven, grindenden Sound verwandelt. Gutturale Growls, komplexe Solos und gegen Ende geschriene, fast gesprochene Passagen bilden eine vielschichtige Komposition. Den Kreis schließt das abschließende „Wije I Mary, Pt. 2“, das diesmal eine introspektivere Perspektive auf die melodische Linie bietet. Eine schwere, dichte Atmosphäre wird getragen von unnachgiebigem Drumming. Ein langes, komplexes Gitarrensolo klingt allmählich aus, bis nur noch einige geflüsterte Worte in einem rein instrumentalen Outro zu hören sind.
Die durchdachten Kompositionen und der äußerst dynamische Ansatz machen Tooth and Nail zu einem rundum bemerkenswerten Album. Die überzeugende Produktion und die technisch hervorragend umgesetzten Songs verstärken den Gesamteindruck. Gewaltig, energetisch, aber zugleich komplex und stellenweise überraschend melodisch. All diese scheinbar widersprüchlichen Elemente gehen nahtlos ineinander über – ohne jemals die Aggressivität zu verlieren, die guten Death Metal ausmacht.
Der wahre Geist des polnischen Death Metals ist in diesem Werk eingefangen. Ein Headbanger von Anfang bis Ende und eine sehr starke Ergänzung zu einer ohnehin schon beeindruckenden Diskografie. Philosophisch angehauchte, tiefgründige Texte über die menschliche Natur verleihen dem Album eine zusätzliche Tiefe. Jeder einzelne Song verdient es, als „Highlight“ bezeichnet zu werden – keine Füller, nur Qualität. Tooth and Nail vereint alle essenziellen Elemente, um sich einen festen Platz in jeder gut sortierten Death-Metal-Playlist zu sichern.
Fazit: Kein Blendwerk, nur Qualität: DORMANT ORDEAL machen mit „Tooth and Nail“ alles richtig.
Tracklist
01. Wije I Mary, Pt. 1
02. Halo Of Bones
03. Horse Eater
04. Orphans
05. Solvent
06. Dust Crown
07. Against The Dying Of The Light
08. Everything That Isn’t Silence Is Trivial
09. Wije I Mary, Pt. 2
Besetzung
Maciej Nieścioruk – Guitars, Bass, Songwriting, Lyrics
Maciej Proficz – Vocals
Schlagzeug gespielt und aufgenommen von Chason Westmoreland.
Gastgesang bei „Solvent“ von Dominic Nucciarone.