BURDEN OF LIFE Interview mit Christian „Kötti“ Kötterl
Die Coronakrise im Genick, keine Möglichkeit das neueste Album „The Makeshift Conqueror“ bei Konzerten zu promoten. Wir wollten mehr über BURDEN OF LIFE, deren neueste Machwerk und die Situation während der Covid19 Ausgangsbeschränkung in Erfahrung bringen.
Vielen Dank für die Zeit, beginnen wir doch mal mit der prophylaktischen Vorstellungsrunde.
Kötti: Sehr gerne! Mein Name ist Christian „Kötti“ Kötterl und ich bin Sänger, Gitarrist und Songwriter bei BURDEN OF LIFE, einer Progressive Metal Band aus Regensburg in Bayern. Außer mir spielen in der Band noch Michael an der Gitarre, Karl am Bass und Backinggesang und Matthias am Schlagzeug.
Seit wann genau existieren BURDEN OF LIFE, wie/wo und warum habt Ihr Euch zusammengefunden.
Kötti: Unter diesem Namen würde ich sagen gibt es uns seit irgendwann im Jahre 2005, ganz genau wissen wir das allerdings selbst nicht mehr. Davor gab es schon ein paar instabile Konstellationen und andere Bandnamen, an die wir uns lieber nicht zurückerinnern. Matthias und ich sind quasi seit den allerersten Schritten dabei. Wir wurden einander von einem gemeinsamen Bekannten vorgestellt, der allerdings dann recht bald nicht mehr in der Band war. Das war noch mit anderem Bandnamen, so 2003 oder 2004. Michael war mit mir auf der Schule und kam dann dazu als es anfing sich Richtung Metal zu entwickeln, irgendwann 2005. Er war der fähigste Gitarrist in unserem Umfeld und mit ihm und der Hinzunahme unseres damaligen Keyboarders war die Marschrichtung dann schon relativ deutlich. Unser Bassist Karl ist in etwa seit der Jahreswende 2008/09 dabei und somit auch schon ein alter Hase. Wir waren einfach alle seit frühester Kindheit große Musikfans und hatten zum Teil auch ältere Geschwister, die schon musikalisch aktiv waren. Eine Band zu gründen erschien uns irgendwie fast selbstverständlich. Ich weiß gar nicht was aus uns geworden wäre und was wir anstatt dessen gemacht hätten.
Im Beipackzettel steht Melodic Death/Progressive Metal, wie definiert ihr das selbst
Kötti: Inzwischen bezeichnen wir das was wir machen sehr selbstbewusst als Progressive Metal. Wir finden, dass das Musizieren ohne Schubladen und dabei der Blick über den Tellerrand sehr tragende Säulen des Progressive Metal sind und das sind Dinge, die uns sehr wichtig sind. Klar, die Wurzeln liegen im Melo-Death, das wollen wir ja auch nicht verleugnen. Aber heute ist das wirklich nur noch einer von vielen Bausteinen, aus denen unsere Musik besteht.
Kommen wir zum Entstehungsprozess eures Albums „The Makeshift Conqueror“, wie lief es ab und seid ihr selbst mit dem Endprodukt zufrieden.
Kötti: Es lief eigentlich alles wie immer. Ich habe die Songs nach und nach geschrieben und habe sie den anderen präsentiert, wenn ich mit dem ersten Entwurf zufrieden war. Dann haben wir die Nummern im Proberaum zusammen feingeschliffen, Detailarbeit gemacht und herum arrangiert bis wir sie in einer Form hatten, in der wir sie aufnehmen und veröffentlichen wollten. Der ganze Prozess hat 6 bis 8 Monate gedauert, wobei wir natürlich nicht täglich oder gar rund um die Uhr an der Musik gearbeitet haben. Manchmal passierte wochenlang fast nichts, wir haben ja auch Jobs und anderweitige Verpflichtungen. Als letzter Arbeitsschritt vor dem Studio habe ich dann noch die Gesangslinien und Songtexte vervollständigt. Im Juli und August 2019 haben wir das Album dann bei Hubi Hofmann im Slash Zero Studio in Abensberg aufgenommen. Auch hier haben wir natürlich nicht durchgängig gearbeitet, sondern in Blöcken und wann immer der entsprechende Musiker eben Zeit hatte. Hubi hat das dann noch gemixt und gemastert und im September hatten wir das fertige Album in der Hand. Wir sind absolut zufrieden damit, sowohl mit den Songs als auch mit dem Sound und den Performances.
Wofür stehen die Lyrics-> Autobiographie, Fiktion (gern track-by-track)?
Kötti: Ich lasse mal zu jedem Song ein oder zwei Sätze da.
The Makeshift Conqueror Pt.I: Dieser Song erzählt davon sich seinen Problemen zu spät und in einer oft nicht sehr durchdachten Art und Weise zu stellen und wie dieses Vorgehen einerseits das persönliche Wachstum behindern kann aber andererseits eben auch wesentlich zum Charakter und der Persönlichkeit des Protagonisten beiträgt.
Geistesblitz: Hier geht es um den Druck den man als kreativ schaffender Mensch verspürt, wenn man sich im Schaffensprozess mit seiner eigenen künstlerischen Vergangenheit messen muss. Dieser Druck kommt also gar nicht so sehr von außen, sondern entspringt der eigenen Unzufriedenheit und einer Art von Versagensangst gegenüber den eigenen Ansprüchen.
Goddess Of The River: Ein autobiographischer Song. Er handelt von einer Person, die immer wieder in mein Leben getreten ist und von der ich zu schwach war mich dauerhaft zu lösen. Dieser Song war als eine Art Abschiedsbrief an diese Person und unser gemeinsames Kapitel gedacht. Das hat allerdings nicht ganz so geklappt wie gedacht. Siehe weiter unten.
Anthem Of The Unbeloved: Das hier ist eine Hymne für alle Menschen, die sich ungeliebt und ungewollt fühlen. Eine ungewöhnlich positive Message, die aber einfach sehr gut zum Grundgefühl des Songs passt.
Sealing Our Fate: Hier werden ein paar der aktuell grassierenden globalen Missstände angeprangert, relativ simpel und straight-forward. Allerdings haben auch wir keine Lösung parat und wollen uns auch in keinster Weise als Unschuldslämmer präsentieren. Es ist mehr ein dystopisch motiviertes Mit-dem-Finger-zeigen in alle Richtungen, mit dem Konsens, dass der Status Quo die Menschheit ziemlich schnell ins Grab bringen wird.
Pisces: Dieser Song erzählt von einer sehr besonderen Freundschaft in meinem Leben. „Pisces“ ist das Englische Wort für das Sternzeichen Fische. Dieses haben wir gemeinsam und ich fand es ein schönes Symbol für unsere Verbindung. Abgesehen von der schönen Symbolik habe ich aber mit Astrologie nichts am Hut.
Regression (Goddess‘ Return): Remember “Goddess Of The River?” Sie ist zurück! Nach einer erfolgreichen Pause von dieser Verbindung, die mir auf Dauer wirklich nicht gutgetan hat, ist diese Person wieder in mein Leben getreten. Ich hatte mich leider immer noch nicht ausreichend im Griff und habe mich wieder und wieder zu sehr geöffnet und mich verletzen lassen. Hier wird auch die Frage aufgeworfen, ob man sich von solchen Verbindungen einfach komplett lösen muss oder ob man lernen kann damit umzugehen. Das muss aber jeder für sich selbst entscheiden.
Trust My Own Heart: Diese Ballade hinterfragt die Rolle eines Künstlers im Zusammenhang mit dem was er kreiert und ob er dies nur tut, um sich selbst zu präsentieren oder ob er einen tatsächlichen und nicht zu unterdrückenden Schaffensdrang hat. Meine Duett Partnerin nimmt hier die Rolle des Publikums ein und beleuchtet das Thema nochmal von einer anderen Seite.
The Makeshift Conqueror Pt.II: Hier wird im Wesentlichen ausgebaut was im ersten Teil schon angeschnitten wurde. Aufgrund der Länge und der Vielseitigkeit des Songs wird hier allerdings an vielen Stellen deutlicher auf die Denkweise eines „Makeshift Conqueror“ eingegangen, wie mit Problemen und Hindernissen umgegangen wird und was das letzten Endes für den Charakter und die Entwicklung der Person bedeutet.
Was waren die Einflüsse, die Intentionen, bzw. was sind eure musikalischen Einflüsse und Vorlieben?
Kötti: Ich denke die Einflüsse auf so ein Album ergeben sich immer aus den Umständen in denen wir uns zum jeweiligen Zeitpunkt des Songwritings, Probens und Recordings befinden. Dadurch entsteht ja dann, hoffentlich zumindest, auch die Geschlossenheit und der Fluss eines Albums. Unsere musikalischen Einflüsse sind auf der einen Seite Bands und Künstler, die sich auch nicht scheuen über den Tellerrand zu kucken und sich konsequent weiterentwickeln und eben auch mal „outside the box“ denken. Im Metalbereich denke ich hier an solche Künstler wie BETWEEN THE BURIED AND ME, OPETH oder DEVIN TOWNSEND. Aber abgesehen davon haben sicher auch Sachen wie QUEEN, KANSAS oder PINK FLOYD ihren Anteil daran. Klassiker wie IRON MAIDEN oder METALLICA werden natürlich auch immer Teil unserer musikalischen DNA bleiben, und dass es mal mit einer großen Bewunderung für die Melodeath-Größen der Jahrtausendwende angefangen hat ist sicherlich auch nicht wegzudiskutieren.
Was gab es bereits für die Band bewegende Highlights und welche Tiefpunkte ließen das Bandgerüst erzittern?
Kötti: Bei Noizgate Records zu unterschreiben und da inzwischen unser zweites Album rauszubringen ist definitiv ein immer noch andauerndes Highlight! Bezüglich Gigs denke ich hier an solche Auftritte wie auf dem Out&Loud Festival 2014 oder der Opening Slot bei den Metal Hammer Awards 2016 (inkl. Aftershowparty!). Wir haben auch so viele tolle Bands kennenlernen dürfen, deren Mitglieder zu guten Freunden geworden sind. Tiefpunkte gab es natürlich auch, klar. Das ganze „Business-Drumherum“ bei unserem zweiten Album „The Vanity Syndrome“ war zum Beispiel ein ziemliches Fiasko. Das Label stand zum Releasezeitpunkt wohl schon mit einem Fuß im Grab und wir haben bis heute das Gefühl, dass das Album nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat die es verdient gehabt hätte. Vor allem weil wir die Platte als einen absoluten Quantensprung empfunden haben, in jeglicher Hinsicht. Und sonst gab es natürlich auch immer wieder mal Querelen, Meinungsverschiedenheiten, Streits etc. Aber das hat sich alles im Rahmen gehalten und ist mit dem Älterwerden auch immer weniger geworden.
Derzeit befinden wir uns ja in einer schwierigen Zeit für Bands, die derzeit weder touren noch auftreten können. Wie geht es euch denn, wie ist denn derzeit eure Situation innerhalb der Band, wie geht ihr mit der „Ausgangsbeschränkung“ um?
Kötti: Wir sind glücklicherweise nicht finanziell abhängig von der Band, also entsteht uns persönlich kein wirtschaftlicher Schaden. Für die Band ist es allerdings sehr ärgerlich, ein gerade veröffentlichtes Album, welches wirklich viel gutes Feedback bekommt, nicht auf der Bühne präsentieren zu können. Das Timing hätte kaum blöder sein können.
Könntet ihr uns – so als ein Beispiel des Künstlers derzeit-, natürlich nur wenn ihr möchtet, sagen, was genau diese momentane „Coronakrise“ für eurer Band bedeutet?
Kötti: Es bedeutet, dass wir das Momentum, welches durch so einen Release zustande kommt, leider nicht wirklich nutzen können. Natürlich können wir per Social Media Reviews posten, auf unseren Shop verweisen etc. Aber das macht natürlich alles lange nicht so viel her wie ein paar geile Liveshows.
Da man sich als Band ja nicht zusammenfinden kann, um zu proben oder auf folgende Auftritte einzustimmen, wie wird diese Situation von euch gemeistert?
Kötti: Alle üben brav daheim im Kämmerchen und wenn wir uns dann das erste Mal wieder treffen dürfen, sind wir 50mal tighter und besser als vorher! Soweit die Theorie…
Schau auf dich, schau auf mich! Ist derzeit die große Kampagne wie geht ihr mit der Situation um, wie helft ihr bzw. kann euch geholfen werden?
Kötti: Wer uns in irgendeiner Form unterstützen möchte, der kann sich gerne auf www.burdenoflife.bandcamp.com ein bisschen Merch von uns zulegen. Wer sich erst überzeugen will, ob die Musik was taugt, kann das natürlich über die bekannten Portale (Spotify, Youtube etc.) tun. Aber hört euch auch unbedingt um ob es in eurer Umgebung vielleicht Clubs, Veranstalter oder Bands gibt, die euch am Herzen liegen und die ohne euren Support untergehen. Die zu unterstützen ist aktuell immens wichtig!
Was ist die Meinung zur Zukunft der Musik, bzw. den Vertriebswegen und Arten?
Kötti: Die Veränderungen, die in den letzten 20 Jahren geschehen sind, lassen sich nicht mehr rückgängig machen und deshalb ist es sehr müssig über irgendwelche zurückgehenden Verkäufe von physikalischen Tonträgern etc. zu sprechen. Das ist jetzt Realität, Punkt. Deswegen ist es umso wichtiger – und aktuell umso fataler, dass es nicht möglich ist – als Band live aktiv zu sein und den Leuten zu präsentieren, warum es wert ist diesen und jenen Act zu unterstützen. Wer auf der Bühne überzeugt und die Leute abholt hat gleich mal viel bessere Chancen einen gut besuchten Merchstand zu haben. Ich denke allerdings, dass die Vergütung von gestreamter Musik bei entsprechenden Portalen wirklich zu niedrig ist, das könnte man, wenn möglich, doch irgendwie nach oben korrigieren, damit sich das auch ein bisschen mehr rentiert.
Das war’s auch schon von meiner Seite. Danke, dass ihr euch Zeit genommen habt! Wenn euch noch etwas am Herzen liegt, dass ihr gerne loswerden möchtet, immer her damit!
Kötti: Danke an all die Interessierten und Geduldigen die bis hierher gelesen haben! Wenn ihr neugierig geworden seid, checkt uns aus, wir freuen uns von euch zu hören oder euch in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft mal vor der Bühne zu sehen!