Interview mit ColdCell

ColdCell Interview

Nachdem die Schweizer Extremisten ColdCell mit ihrem neuem Langeisen bei uns viereinhalb Zähler einheimsten, haben wir beschlossen, mal per Interview anzufragen, was die Eidgenossen so zu sagen haben. Hier unserer Ergebnisse.

ColdCell-bandphoto
Photocredit: Czar Of Bullets

Peter: Zuerst herzliche Gratulation zu Eurem neuem Album Those! Ist wirklich eine tolle Scheibe geworden, die für mich als Reviewer aufgrund ihrer Eigenständigkeit doch aus der goßen Masse der Black-Veröffentlichungen dieses Herbsts/Winters hervorsticht! Aber dazu noch später! Zuallerst, wollt Ihr unseren LeserInnen kurz Eure Band vorstellen, wer Ihr seid, was ihr so treibt, was Euch umtreibt?

aW (ColdCell): Danke für das Kompliment! ColdCell sind aus der Asche einer der dienstältesten einheimischen Black Metal-Bands entstanden. Aus musikalischen und konzeptionellen Gründen entschlossen wir uns, unter neuem Banner quasi von Null zu starten; auch hatten wir einige gewichtige Line-Up-Wechsel. Der Fokus ging sowohl musikalisch als auch inhaltlich weg vom klassischen Black Metal. Besagter Inhalt ist auch der Antrieb dafür, uns künstlerisch auszudrücken: unsere moderne Welt, unsere oberflächlich glitzernde, aufgeklärte, digital vernetzte grossartige Gesellschaft, die den einzelnen aber im Kern isoliert und auf Gier, Korruption und kaputten Normen errichtet ist. Kurz zusammengefasst: Unser System ist kaputt, macht uns kaputt, und weil wir ein Teil dieses Systems sind, sind wir davon auch betroffen. Wir sind uns aber dessen bewusst, und diese Erkenntnis ist auch mit der einzige Weg, damit umzugehen und alles Negative in etwas Konstruktives, also unsere Musik, umzumorphen. Rein textlich gibt es bei uns aber kein Licht: Zynismus ist noch die positivste Art des Ausdrucks, die bei ColdCell Niederschlag findet. Wer wir persönlich sind, spielt keine Rolle. Unser Alltagsleben fließt subtil in das Werk von ColdCell ein, die einzelnen Individuen sind nicht entscheidend.

P: Wie schon erwähnt fand ich das Beeindruckende an Eurem Album (dazu auch unserer Review), dass Ihr es schafft, Euer Konzept, Euren Blick auf die Welt so konsequent im Sound umzusetzen. Als ich das Album desöfterern durchhörte, hatte ich wirklich das Gefühl, dass die Musik ein bedrückendes Bild von Isolation, schleppendem Leben und Einsamkeit in der „Masse“ erzeugt. Mögt Ihr uns erklären, was für Euch im Sound das entscheidende „Rezept“, Stilmittel ist, um das zu erreichen? Mit welchem Grundgedanken seid ihr an Songwriting und Aufnahmen herangegangen seid?

ColdCell-bandphotoaW: Ein grundlegendes Rezept haben wir nicht. Da mehrere Leute am Songwriting beteiligt sind, werden auch entsprechend viele Ideen umgesetzt. Besser gesagt, alles wird in einen Topf geworfen, und daraus entsteht dann der typische ColdCell-Vibe, diese spezielle, klamme, psychotische Atmosphäre. Die Maxime bei diesem Album war im Grunde, alle Extreme so weit wie möglich auszuloten, dass sie noch in unseren Kontext passen. Mehr elektronische Spielereien, doomigere Passagen, giftigere Blasts, Ambient-Versatzstücke, grooviges Zeug… also prinzipiell das weiterzuführen, was wir mit dem Vorgänger „Lowlife“, der in der Retrospektive doch einigermaßen fragmentarisch ist, bereits in Ansätzen probiert haben. Offensichtlich ist uns das einigermassen gelungen, weil die von dir evozierten Bilder entsprechen dem, was wir mittels extremem Metal auszudrücken bzw. zu verarbeiten versuchen.

P: Ich möchte hier noch einen bestimmten Punkt in Eurem Sound ansprechen: Ihr bezeichnet Eure Mucke selbst als „Swiss-German-Icelandic Extreme Rock’n’Roll“. Wenn ich das Album laufen lasse, ist für mich jedoch eines der Haupthörerlebnisse, dass ihr einen ganz enormen Doom-Effekt auffährt. Die Songs sind schon Black Metal, aber in sich enorm wuchtig, lava-artig, wirken dadurch sehr doomig-zäh. Könnt Ihr uns aufklären, was es damit auf sich hat?

coldcell-those-album-artworkaW: Wir versuchen, mit verschiedenen Stilmitteln Kontraste zu setzen. Also heftiges Geballer auf der einen Seite, schleppendes, ultraschweres auf der anderen Seite. Das macht das ganze auch dynamischer. Nur das eine oder nur das andere würde uns persönlich langweilen. Du hast aber recht, wenn du sagst, dass die Songs etwas Lava-artiges haben. Vor allem das abschliessende „Heritage“ ist für mich dafür ein Beleg: zwar fast forward und treibend, aber doch mit diesem zähen Element. Doom ist ja nicht nur ein Stil, sondern verkörpert auch eine bestimmte schwere Atmosphäre. Und die versuchen wir einzufangen und zu bannen.

P: Liebe ColdCell, ganz herzlichen Dank für Eure Antworten! Zuletzt: Werden wir, vielleicht sogar hier in Österreich, das Vergnügen haben, Euch live zu erleben?

aW: Von uns aus sehr gerne. Die Krux ist, dass wir teilweise in anderen Bands agieren, die sehr zeitintensiv unterwegs sind momentan; zudem haben einige von uns noch Familie, was das Organisatorische nicht unkomplizert macht. Aber nochmals: Grundsätzlich sehr gerne. Ich hatte bereits das Vergnügen, mehrere Male in Österreich zu spielen, was sich in den allermeisten Fällen als sehr gelungen und inspirierend erwiesen hat.

P: Ganz herzlichen Dank!

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