Interview mit Siegfried „The Dragonslayer“ Samer von Dragony
Schneller als in der Vergangenheit konnten die bodenständigen Wiener Power Metaller mit einem neuen Album aufwarten, welches erstmals seit dem Debüt wieder eine zusammenhängende Geschichte erzählt. Über schwarzmagische Monarchen, Cyber-Joseph, Zombie-Sissie und mehr dreht sich unser Interview mit der sympathischen Truppe…
Zervus und alles Gute zum Albumrelease! Am 15. Jänner kam euer neuestes Werk „Viribus Unitis“ offiziell heraus. Meinerseits grab es trotz allgemeinem Gefallen auch etwas zu meckern, überwiegend werdet ihr aber mit lobenden Kritiken überschüttet. Euer erstes Konzeptalbum seit dem Debüt scheint also einen prächtigen Start hinzulegen.
Absolut, wir sind sehr zufrieden mit dem Feedback! Und Nörgler wird es immer geben – selbst wenn sie von Metalunderground.at kommen, haha! Aber es ist ja auch klar, jeder geht mit unterschiedlichen Erwartungen an ein Album heran, und wenn die dann nicht erfüllt werden, weil das Album eben anders ist als gedacht, kann das auch zu Enttäuschungen führen. Aber letztlich kann man’s ja nie allen Recht machen. Gibt ja genauso Leute, die „perfekte“ Alben wie, was weiß ich, „Keeper of the Seven Keys“ von Helloween oder „Reign in Blood“ von Slayer Scheiße finden. Quot capita, tot sententia 😉
Das Album ist euer erstes für Napalm Records, zugleich auch euer erstes mit Vinylversion. Das starke Cover-Artwork verlangt natürlich geradezu nach diesem Format, was freilich auch von „Masters Of The Multiverse“ (2018) gesagt werden kann. Gab es bestimmte Gründe für den Labelwechsel? Und sind aktuell Vinylversionen eurer bisherigen Alben denkbar?
Ja unser Deal mit Limb Music war nach Masters of the Multiverse zu Ende, und da haben wir uns natürlich neu orientiert. Und nachdem wir schon ein paar Wochen (d.h. 13 Jahre) im Business unterwegs sind, lagen dann doch ein paar Angebote auf dem Tisch. Aber der Weg zu Napalm war dann doch recht klar gelegt, nicht zuletzt da ja sowohl ich bis 2018 und unser Bassist Herb immer noch auch bei Visions of Atlantis ist, und da hatten wir eben das Naheverhältnis zum Tom Caser von Napalm – und die waren dann glücklicherweise an uns interessiert, und so kam dann der Deal zustande.
Über den Vinyl-Release freue ich mich besonders und du hast Recht – das Artwork schaut wirklich sensationell gut aus im großen Vinyl-Format!
Mit einer Vinyl-Auflage der früheren Alben würde ich vorerst nicht rechnen, zumal einerseits die Rechte dafür natürlich bei unserem alten Label liegen, und andererseits wir ja doch noch eine eher kleinere Band sind, da ist es dann nicht ganz so einfach, die entsprechend notwendigen Auflagen für einen Vinyl-Release zu produzieren und die Kosten dafür wieder einzuspielen, insbesondere wenn es sich um ältere Alben handelt. Aber wer weiß – man soll ja niemals nie sagen!
Euer Konzept dreht sich um eine alternative Version der österreichischen Geschichte, in der es von Magie bis hin zur untoten Sissy alles Mögliche gibt. Wie kamt ihr auf dieses Konzept? Und warum eigentlich nun wieder die Rückkehr zum Konzeptalbenformat?
Die Idee kam uns bei 70.000 Tons of Metal, als wir am Vorabend der Cruise noch ein wenig in Miami unterwegs waren und vermutlich das ein oder andere Kaltgetränk (möglicherweise alkoholisch) konsumierten. Wir sprachen über mögliche Albumkonzepte, und irgendwann schlug dann unser Bassist Herb vor, unseren Kaiser Franz Joseph doch einfach in ein Steampunk/Dieselpunk-Setting zu verfrachten und ihn zum „Cyberpunk Joseph“ zu machen. Und tja, der Rest ist wirklich „Geschichte“: Wir erzählen auf „Viribus Unitis“ eine alternative Timeline der Zeit der k.u.k.-Monarchie, in der Kronprinz Rudolf Mayerling überlebt, danach aber in den Wahnsinn abdriftet und sich dunklen Mächten verschreibt. Er versucht letztlich, seine 1898 ermordete Mutter Elisabeth von den Toten zu erwecken. Das geht naturgemäß schief, und Sisi kommt als von Dämonen besessene Kaiserin der Verdammten zurück, und führt eine Zombie-Armee in den Krieg gegen die Menschheit. Letztlich kann nur der alte Kaiser, ausgerüstet mit einer mechanischen Rüstung von Nikola Tesla, als Cyberpunk Joseph seine ehemalige Gattin besiegen.
Der Weg zurück zum Konzeptalbum wie am Debüt war jetzt nicht zwingend vorgelegt, aber irgendwie wollte ich auch ein bisschen gegen die Erwartungen agieren… nach „Masters of the Multiverse“, das sich ja eher mit allerlei Popkultur-Themen wie Filmen, Büchern und Videogames auseinandergesetzt hat, war jetzt die Erwartung bei vielen Leuten eher jene, dass wir – speziell auf Napalm Records – jetzt noch viel mehr in diese „Gimmick-Band“-Richtung gehen würden und noch mehr auf „Nerd-Mucke“ und Spaßfaktor setzen.
Letzteres tun wir zwar sicher auf „Viribus Unitis“ auch, aber grundsätzlich wollte ich da schon in eine etwas andere Richtung gehen, und insbesondere auch heavier werden anstatt (noch) mehr ins Easy Listening abdriften, wie es viele der kommerziell erfolgreicheren Powermetal-Bands ja derzeit machen. Zwar gibt’s nach wie vor auch diese Elemente, die auch bewusst gesetzt sind, wie etwa bei „Legends Never Die“, das ganz einfach als Live-Nummer konzipiert ist, aber umgekehrt gibt’s auch viel mehr Fokus auf die Gitarrenarbeit und eine modernere, druckvollere Produktion als zuletzt bei „Masters of the Multiverse“.
Zwischendrin etwas Kritik: „Viribus Unitis“ ist das erste Dragony-Album , auf dem ich mit manchen Songs einfach nicht warm werde. Das betrifft vor allem „Gods Of War“ und „Legends Never Die” („Golden Dawn“ gewinnt allmählich doch etwas Boden bei mir).
Bei „Gods Of War“ mit seiner klinischen Sabaton-Soundwand fehlt mir einfach eure typische Handschrift, und bei „Legends Never Die“ sind mir einige Melodien leider zu nah am Schlager. Bei beiden Songs vermisse ich diesen „leichtfüßigen Disco-Metal“ mit diesem gewissen 80er-Appeal, wegen dem ich euch so schätze.
Naja, „Gods of War“ lässt sich natürlich dadurch erklären, dass der Song ein Gastbeitrag von Tommy Johansson (von Sabaton / Majestica) und Tomas Svedin (sein Kollege beim Projekt „Symphony of Tragedy“) ist! Also die Musik stammt von den beiden, ich habe dann „nur“ noch die Gesangslinie und den Text gemacht. Der Song hat einfach diesen typischen skandinavischen Touch, den ich aber persönlich eher als Bereicherung unseres Sounds empfinde, weil wir das in der Form bislang noch nicht hatten. Wir fanden den Song auch richtig stark, deswegen haben wir ihn auch als erste Single released. Aber es ist deswegen sicher nicht der „typische“ Dragony-Song, das stimmt.
„Legends Never Die“ ist wie bereits angesprochen einfach als absolute Live-Nummer konzipiert die zum Mitsingen animieren soll – und da bin ich zuversichtlich, dass die auch diese Wirkung nicht verfehlen wird, haha. Ich sag mal so: Man kann den Song mögen, man kann ihn hassen; aber man wird ihn NIE vergessen, haha! Und ich find’s ehrlich gesagt auch schön zu sehen, wie leicht sich viele der gaaaanz „trven“ Metaller-Typen durch die eingängige, poppige Melodie des Songs mit den Bontempi-Gedächtniskeyboards (wie sie die Antha von Stormbringer genannt hat) triggern lassen, und sich im Geifer ihrer Social Media-Kommentare fast ergehen. Ich find’s amüsant!
„Golden Dawn“ hingegen ist eine ziemlich prototypische Dragony-Nummer aus meiner Feder eigentlich – seltsam, dass dir die nicht gefällt dann!
„Made Of Metal“ und „Darkness Within” dagegen zählen für mich zum Stärksten, das ihr bisher abgeliefert habt. Bei ersterem Track fantasiere ich wegen des gewissen 80er-Pop-Touches dauernd von einer Version mit David Hasselhoff. Der andere ist eine etwas dunklere und schwermetallischere Seite eures Sounds.
Vollinhaltliche Zustimmung zu beiden Punkten. Auch „Made of Metal“ wird sicher einen Fixpunkt im Liveset bekommen, „Darkness Within“ vielleicht eher ab und zu mal – aber es ist sicher einer unserer heaviesten Songs, und hat auch viel Hammerfall drin, haha.
Alles hofft natürlich, dass Corona bald wieder nur noch der Name eines überteuerten Biers wird. Unter anderem besteht die Möglichkeit, dass eure Tourdaten mit Twilight Force nachgeholt werden können. Ich drück euch die Daumen. Wie stark glaubt ihr derzeit dran?
Also die Tourdaten mit Twilight Force werden wir nicht in der Form nachholen können wie sie geplant waren leider. Aber wir hoffen natürlich, dass wir dennoch eher früher als später wieder ein bisschen on the road gehen können. Wir sind hinter den Kulissen bereits am Planen, aber es wird leider alles noch etwas dauern; wir mussten jetzt zuletzt auch unsere für Februar geplante Album-Releaseshow auf Juni schieben – mal schaun, ob sie dann schon wird stattfinden können.
Eure Alben wurden teils auch durch Crowdfunding finanziert. Ich hab´s leider immer erst mitbekommen, wenn die Aktion schon erfolgreich abgeschlossen war. Wie bekomm ich das nächstes mal mit, ohne regelmäßig eure Website zu checken?
Hmm… vielleicht regelmäßig unsere Website checken? Haha…
Also ja, das ist eigentlich die beste Möglichkeit – wir kündigen solche Sachen auf unserer Website bzw. insbesondere unseren Social Media-Pages rechtzeitig an, also dort öfter reinschauen lohnt sich dann schon, wenn man gerne bei solchen Kampagnen dabei sein möchte! Wir hoffen natürlich auf deine Beteiligung beim nächsten Mal dann, haha!
Die letzten Worte gehören euch: Vielen Dank für das Interview! Ich hoffe, euch dieses Jahr ein viertes Mal live zu sehen!
Wir wünschen viel Spaß mit „Viribus Unitis“ und hoffen ebenfalls auf ein baldiges livehaftiges Wiedersehen! Bis dahin, bleibt gesund und bleibt glorreich!