Bands: Elvenpath, Archer, U.D.O., Doro Date: 28.11. 2015 Venue: Haus Auensee, Leipzig
Mit Problemen ohne Ende für die Veranstalter stand diese Veranstaltung letzendlich unter keinem guten Stern.
Nach der Absage des Brann Open Air, dem ein Locationwechsel vorraus gegangen war, wurde auch das Winterfest 8 Tage vor Veranstaltungstermin verlegt.
Als Krönung machte auch das Wetter dem Veranstaltungsnamen alle Ehre.
Doch das Brannteam scheint allen widrigen Umständen zum Trotze eine Menge Kampfgeist zu besitzen und machte aus diesem Notstand nicht nur das Beste, sondern eine wirklich rundum gelungene Veranstaltung! Am ursprünglichen Veranstaltungsort wurden Leute postiert die Besuchern, welche von der Verlegung nichts mitbekommen hatten, den Weg wiesen. Das Publikum war bunt gemischt, vom Kuttenträger über den Alt Rocker bis hin zu mitgereisten Fans der Bands und „normalen“ Leuten (welche „einfach mal Doro und U.D.O. sehen wollten“) war unter den etwa 700 Besuchern alles versammelt.
Anbei:
Glücklicher Umstand für das Stattfinden war die umstrittene Tourabsage von Lamb Of God, welche allerdings auch nicht alle erreicht hatte. Ein paar entäuschte Fans (die u. a. aus dem entfernten Berlin angereist waren) fanden sich am Einlass.
Kommen wir vorab zum Locationcheck:
Das Haus Auensee ist eine international feste Adresse für Konzerte aller Musikarten, dessen Konzertsaal einmalig ist. Das Fassungsvermögen bietet, je nach Versanstaltung, bis zu 3600 Gästen Platz.
Am besten gelangt man mit dem Auto dorthin, die öffentliche Verkehranbindung ist mit einer Bushaltestelle in der unmittelbaren Umgebung leider alles andere als optimal. Seinen PKW kann man auf dem Parkplatz des Hauses unweit der Location gegen eine kleine Gebühr von 4 Euro abstellen.
Circa 80 Meter weiter erreicht man den Hof, wo man sich mit Bier und Glühwein betanken sowie mit totem Tier vom Grill vorab versorgen kann.
Begibt man sich dann nach drinnen, wartet ein gut ausgebauter Einlassbereich, Jacken etc. kann man an der Garderobe abgeben.
Besonders löblich ist das höfliche Personal und die stets freundliche Security. Selbst „Problemfälle“ wie umsonst angereiste Fans (siehe oben) und angetrunkene Besucher beschwichtigt diese mit einer unglaublichen Freundlichkeit, die ich in der Art selten erlebt habe.
Die Toiletten sind sauber, weder Papier noch Seife scheint auszugehen.
Den Saal beschreitet man durch Schwenktüren, eine ordentliche Fläche sowie eine überall gut zu überblickenden Bühne erwartet den Besucher.
Hervorzuheben ist aber vor allem folgendes:
Gleich rechts bietet ein erhöhter Bereich Behinderten die Möglichkeit, das Konzert mitzuerleben.
Das Besondere am Konzertsaal:
Oben ist ein weiter Bereich, der manchmal (wie heute den Sitzplatzticketkäufern) auch Besuchern zugänglich ist und einen super Überblick über den Saal, mit der Bühne im Focus, bietet.
Während dort eine Bar die Leute mit Getränken versorgt, sorgen unten gleich zwei große Bars, jeweils seitens der Bühne, für ausreichend Getränkenachschub.
Wenn einem der Durst bei den Preisen nicht vergeht. 0,4 l Bier vom Fass 4 Euro, Cola aus der Flasche in den Becher ebenfalls. Seltsame Preispolitik Leute…
Trotz der unausgewogenen, beinah schon festivalartigen Bier- und Getränkepreise ist diese Location aber insgesamt einen Besuch mehr als wert, wie ihr den folgenden Absätzen und Bildern entnehmen könnt.
Ich erreiche das Haus Auensee gegen 18:25 Uhr, um kurz nach betreten des Konzertsaals erschrocken festzustellen, dass die Frankfurter Elvenpath pünktlich beginnen. Wo gibt es denn sowas bitte?
Also schnell nach vorne, denn die Band wollte ich aufgrund ihres exzellenten Rufes im Underground ohnehin anchecken und da bietet sich das heutige Gastspiel natürlich perfekt an.
Ihre Fanbase haben die Jungs um Sänger Dragutin Kremenovic neben einer Menge guter Laune (Bassist Christian Flindt und Gitarrist Till Oberboßel grinsen die ganze Zeit um die Wette) anscheinend auch mitgebracht. Die ersten Reihen des noch etwas spärlich gefüllten Saals singen schon mit dem ersten Track Battlefield Of Heaven mit.
Nach Lied Nummer zwei, Burning Skies vom 2008er Debüt, ist das Eis gebrochen, die Halle füllt sich nach und nach.
Und das hat berechtigte Gründe, denn zum einen sieht man dem professionellen Staceacting der Frankfurter an, das hier keine Anfänger am Werk sind. Die Posen der Jungs unterhalten das Publikum, der Sound ist (wie den ganzen Abend allenortens) gut und wer auf Twingitarren, den Drive alter Priest und einem frischen Anstrich im Stile junger Helloween steht, kann die dargebotenen Songs ohnehin nicht ignorieren.
Zum anderen offenbart Dragutin ein gewisses Charisma, dem man sich nicht entziehen kann und beweist seine große Klasse, indem er auch Live in höchsten Tonlagen keinen Angriffspunkt bietet.
Sieht man wohl auch bei den hinten am Zugang stehenden Leuten so, denn als ich bei den letzten Klängen vom abschließenden Guardians Of The Underground den Merchstand der Band suche und herumirre, schauen auch diese interessiert.
Ein starker Gig, bei dem Elvenpath ganz sicher nicht wenige Fans dazu gewonnen haben dürften.
Auch die nach der Umbaupause aufspielenden Archer sollten einige Besucher überzeugt haben, obwohl der sehr basisch dargebotene Mix aus Heavy Rock, melodischen Heavy Metal sowie Thrash Anleihen nur bedingt in`s Billing passt und daher nicht bei allen der mittlerweile geschäzten 600 Anwesenden fruchtet.
Das karlifornische Trio, bestehend aus Drummer Keyhan Moini, Basser Dave De Silva und Gitarrst/Sänger Dylan Rosenberg, begleitet Doro auf ihrer aktuellen Strong & Proud – Tour und darf sich auf Wunsch des Headliners auch hier vorstellen. Ich finde, das ist ein äußerst vorbildliches Verhalten seitens der Grande Dame des Metals als auch des Veranstalters.
Und das wissen Archer offensichtlich auch sehr zu schätzen, denn alle Bandmitglieder routieren von Anfang bis Ende.
Das Material erinnert dabei öfter an Bands wie Annihilator und vor allem Megadeath, aber auch an eher unbekannte Kapellen wie Heavy Justice.
Auch wenn sämtliche Tracks sehr roh rüber kommen, man bietet wie beim Titeltrack des Debüts Culling The Weak, King For The Day, Belief und Hell In A Handbag eine sehr anspruchsvolle Instrumentierung.
Eine große Kunst bei dem Aktionsradius der Protagonisten, dabei alles so souverän zu spielen.
Die Bühne wird mehrmals bis in den letzten Winkel „abgegrast“, Drummer Moinis Haarpracht wirbelt ohne Unterlass.
Zusammengefasst gibt es ca. 40 Minuten erdigen Metal mit einer energiegeladenen Performance, was auch das Publikum mit ordentlich Applaus belohnt.
Macht auf jeden Fall Lust, die Band nochmal Live zu erleben!
Nachdem beide Supportacts hervorragende Arbeit geleistet haben, war es nach einer etwas längeren Unterbrechung soweit, U.D.O. gaben sich die Ehre.
Das mittlerweile 63 jährige Urgestein Udo Dirkschneider geht den Gang auf die Bühne eher ruhig an, während Fittingen, Smirnov und Heikinnen diese im Sturm erobern.
Überhaupt sind die drei und Keyboarder Harrison Young grandiose Entertainer, die mit einem weltklasse Stageacting gut zu unterhalten wissen.
Udo selber braucht derlei Sachen nicht. Er kann sich auf seine Leute verlassen und sorgt alleine durch seine Ausstrahlungskraft für Ehrfurcht. Er ist und bleibt einfach die Personifizierung des Begriffes Heavy Metal.
Dessen gewiss, beschränkt sich seine Performance bis auf gelentliche Posen mit seinen Bandmitgliedern hauptsächlich auf den Gesang, was mehr als genug ist.
Bestätigt wird das schon durch die Reaktionen beim Opener Speeder vom aktuellen Album Decadent, denn das Publikum begrüsst die Band lautstark.
Mit Blitz Of Lightning folgt dann ein Song vom 1990er Werk Faceless World, man arbeitet sich zur Freude der Fans quer durch die eigene Diskografie.
Dabei geben sowohl Publikum als auch Künstler alles. Während man vor der Bühne Tracks wie They Want War, Faceless World und Metal Machine feiert, wird auf der Bühne gepost was das Zeug hält. Highlights zu benennen fällt schwer, denn der Gig war in seiner Gänze einfach nur der Hammer!
Magisch war auf jeden Fall der Refrain von Untouchable, als nahezu alle Fäuste nach oben gingen und das Publikum lautstark mitsang. Auch auf den Sitzplätzen hielt es keinen, vor allem als man zuguter Letzt mit Metal Heart, Fast As A Shark und Balls To The Walls noch drei Accept – Klassiker vom Stapel ließ!
Viele, normalerweise nicht so Metal – affine Besucher wollten U.D.O. sicher sehen, weil sie ihn eben mit dieser Band identifizieren. Das merkte man an den überschwänglichen Reaktionen.
Ein Hammergig, der zeigt das U.D.O. wahrlich Untouchable, Unbreakable und Unbeatable sind.
Gegen 22 Uhr ist es dann an Doro, die von U.D.O. Keyboarder Young angekündigt werden, das vorangegange zu toppen. Das schaffen sie und ihre Mitstreiter zwar nicht, aber es wäre auch überirdisch gewesen.
Die Metal Queen hat, wie sie selber im Laufe des Gigs dankend erwähnt, langjährige Mitstreiter an ihrer Seite und bietet daher mit ihnen einen rundum gelungen Abschluß.
Längste Wegbegleiter sind Basser Nick Douglas und Drummer Johnny Dee, dessen gekonnte Soloeinlage nach etwa zwei Dritteln des Gigs mich zwar nicht vom Hocker haut, aber dank Interaktion trotzdem sehr gut beim Publikum ankommt.
Mit Danksagungen und Treuebekundungen hat es Doro bekanntermaßen ohnehin, so auch heute mehrmals. Man mag davon halten was man will, ich persönlich bin auch kein Fan von zu viel Herzlichkeit.
Aber die Frau meint es stehts ehrlich und scheint selbst heute noch mit beiden Füssen auf dem Boden zu stehen!
Das wissen auch die mitgereisten Fans zu schätzen, die der musikalischen Aufforderung Raise Your Fist In The Air augenblicklich Folge leisten.
Wie schon bei U.D.O. gilt die Feststellung, das sich jeder Akteur auf der Bühne den Hintern abspielt und die Bühne rockt. Abgerundet wird das Bild von einer tollen Lichtshow sowie dem überdimensionalen Tourbanner, welches im Hintergrund prangt.
Auf ihrer aktuellen Tour spielt die Band sich durch 30 Jahre deutscher Metalgeschichte, so das neben Songs quer durch die Bandgeschichte auch Warlock Klassiker wie Burning The Witches und Fight For Rock zum Zuge kommen.
Die Stimmung bei All We Are ist unglaublich, aber auch die Wacken Hymne We Are The Metalheads heizt dem Publikum ordentlich ein.
Diejenigen, die Doro nur mit ihren Balladen in Verbindung bringen, freuen sich über Für immer und Without You.
Besinnliche Momente in einem Gig, bei dem es ansonsten heftig zur Sache geht. Das Publikum wirkt daher nach insgesamt knapp 6 Stunden teilweise ausgelaugt und müde. Während sich die Reihen gegen Ende allmählich lichten, harren viele noch bis zum Schluß aus und werden mit dem abschließenden Breaking The Law belohnt.
Dieses wird akkustisch intoniert, doch dann originalgetreu zum Abschluss gebracht.
Insgesamt ein toller Auftritt. Während ich Doro im heimischen Plattenregal nicht wirklich brauche, sieht es nach diesem Gig zumindest auf Konzertebene vollkommen anders aus.
Zumal man sich noch lange nach dem Gig viel Zeit für die Fans nimmt, was so mancher kleinerer Act heutzutage nicht für nötig hält. Wie gesagt, die Dame scheint verdammt bodenständig zu sein und ist Live eine Macht!
Das Fazit: Der Sound war entgegen so manchen Unkenrufen vorher an jeder Stelle des Saals sehr gut. Da kenne ich andere Locations, wo es nicht einmal am Mischpult so sauber klingt.
Wirklich jeder Act konnte überzeugen, was bei vier Bands nicht immer üblich ist.
Apropos „überzeugen“:
Die Macher des Brann Winterfestes haben ihr Versprechen wirklich gehalten und eine Veranstaltung geliefert, die trotz großer Acts ein sehr gemütliches Flair hatte.
Das Credo „Von Fans – Für Fans“ war spürbar umgesetzt worden., da kann man nur hoffen, dass die Jungs weitermachen!
Bestes Beispiel dafür war, dass alle Bands den ganzen Abend die Möglichkeit hatten, ihren Merch an den Mann/die Frau zu bringen. Auch das ist leider nicht immer üblich.
Für die Getränkepreise kann indes nur die Location. Und auch wenn viele den Preisen getrotzt haben und gut gefüllt von dannen Schritten, nicht wenige staunten nicht schlecht.
Wie kann es denn sein, das mich 6 Cola und zwei Bier mehr kosten als die vier Elvenpath CDs, die ich neben einem Doro Tour Shirt eingesackt habe?