Metal On The Hill Festival Graz 2016 – Tag 2, Schlossberg, Kasemattenbühne,

Bands: Darkfall, And Then She Came, Mantar, Moonspell, Lacuna Coil, Satyricon, Arch Enemy Date:13.08.2016 Venue:Kasemattenbühne Schlossberg, Graz

Eine wirklich feine Festival-Innovation hatte sich das inzwischen international etablierte Label Napalm Records aus Eisenerz in der Obersteiermark ausgedacht: Mit der Erstausgabe des Metal On The Hill Festival, von der lokalen Presse leider nur mit geringer Aufmerksameit „bestraft“, veranstaltete man ein label-eigenes Festival mit großen Namen der Hartwurst- und „Härter-Wurst“-Musik: Es war gelungen Legenden wie Moonspell, Satyricon und Arch Enemy, aber auch Alternative-Metal und -Rock Highlights wie Lacuna Coil oder And Then She Came in die tolle Location der Grazer Kasemattenbühne am Schlossberg im Stadtzentrum zu holen. Gerade die Location, eine Freiluftbühne im Ambiente alter gemauerter Gewölbe und Vorratsspeicher in der Altstadt, war eine nahezu perfekte Kulisse für dieses Vorhaben. So war die Journaille gespannt und überpünktlich vor Ort, um ja auch nicht eine Sekunde toller Musik zu verpassen – wenn das Label „toll“ dann auch nicht auf alle Gruppen zutreffen sollte.

DarkfallZiemlich pünktlich um 15 Uhr war es dann soweit, dass die Lokalmatadoren von Darkfall antreten durften, um den Kessel der Kasematten, schon ordentlich mit BangerInnen gefüllt, vorheizen zu drüfen. Das taten sie dann auch; und man merkte der Truppe, die seit nun zwanzig Jahren für einen steirischen Hybriden aus Thrash- und Death Metal steht, an, dass es ihnen wahrlich Freude bereitete, als Aufheizer auf dieser doch größeren Bühne zu fungieren. Das Set, das sie brachten war energetisch, die Instrumetalisten kompetetent; ich würde soweit gehen, sie glatt in die Schublade Melodic Death Metal einzugliedern. Auf jeden Fall eine gute Weise, wie sich Darkfall zu ihrem „Zwanziger“ (sie bestehen seit 1996) wieder in Erinnerung gerufen haben – und hier schien mir der Sound auch noch gut oder zumindest akzeptabel gewesen zu sein.

And Then She CameNach einer kurzen Umbaupause und Soundcheck war es dann an den deutschen Alternative RockerInnen von And Then She Came (nach der Zahl an „Likes“ auf ihrer Fratzenbuch-Seite sind sie leidlich beliebt, was nicht unbedingt für musikalische Substanz sprechen muss) gelegen, den Nachmittag weiterzuführen. Wenn ich ehrlich bin, ich fand die Truppe trotz ihrer Energiegeladenheit, vor allem ihrer Frontfrau Ji-In Cho, langweilig. Sie sind kompetente und schon erfahrene Musiker, aber im Jahre 2016 höchst stromlinienförmigen Rock im Stile Guano Apes usw. zu präsentieren, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Man gab sich bemüht, zu unterhalten und das Publikum ging einigermaßen mit. Kurz, die Truppe ist nett und tut niemand weh, aber ich werde nicht ihr größter Fan. Schon hier hatte ich aber auch das Gefühl, dass der Herr Tontechniker nicht immer die besten Entscheidungen traf: Stimme laut, Gitarren teils weggeregelt.

MantarGanz anders war dann der Eindruck, den das Powerduo Mantar aus Bremen, Germoney, hinterließ. Schon auf Konserve ist ihre Mucke wirklich spaßig und macht ordentlich Laune. Aber was die beiden Herren, vor allem Gitarrist, Sänger und Diplomberserker Hanno auf der Bühne veranstalten, ist eine eigene Kategorie: Der Gute ist zwar physisch nicht Henry Rollins vor Jahrzehnten, aber in Sachen Spass, Ausdruck und Energie macht er dem Eisenheinrich alle Ehre. Live sind Mantar (ich denke dann vor allem auch in kleinen Clubs, wo ihre volle Wucht als Zwei-Mann-Abrisskommando wirklich zum Tragen kommen sollte) eine neue Referenz. Man kann ihre Mischung aus Schwarz-Metall und Punk/Rock als sowas wie die White Stripes des Extreme Metal bezeichnen. Einfach geil und gelungen, für mich die Neuentdeckung des Tages in Sachen Live-Terror.

MoonspellDie dann kommenden Moonspell in der Metalszene vorzustellen, hieße wohl Eulen nach Athen, oder Wölfe nach Lissabon zu tragen. Die Burschen stehen einfach, auch nach 27 Jahren seit ihrer Begründung, für guten und theatralischen Dark Metal. Und gerade ihr Fronter Fernando Ribeiro ist immer eine Show in der Show. Man begann mit Tracks von neuem Album Extinct, und spätestens bei ihren Klassikern der Marke Opium, Vampiria und Alma Mater fraßen die GrazerInnen den Herren aus dem dunklen Süden aus der Hand. Kurz, Moonspell kamen, sahen und siegten. Sie boten wie gewohnt eine theatralische und energiegeladene Show, die gerade auch von den Details lebte, die sich ihr Frontbube Fernando (inwzischen wohl schon zu seinem Posing-Repertoire geworden) einfallen lässt. So interagiert man erfahren mit dem Publikum. Ich hatte hier auch wieder das Gefühl, dass der Sound zwischen Vocals und Instrumentierung wieder eine ganz gute Balance gefunden hatten. Ich hätte mir dann mehr Moonspell gewünscht.

Lacuna CoilNach obligatorischem Umbau und Soundcheck durften die ItalierInnen Lacuna Coil loslegen. Auf Platte sind die Burschen plus Dame nicht unbedingt mein Fall – ich hatte sie in meinem unwissendem neuronalen Plattenarchiv als Gothic und Alternative-Metal abgelegt, der niemand wirklich auf die Palme bringt. Vor derm Gig hatte ich dann nochmals in ihr aktuelles Werk Delirium reingehört, das dann ja auch eine ordentliche Kante deftiger ausfiel – fand ich eigentlich ganz gut. Die Band trat in Weiß und mit etwas „Corpsepaint“ auf und machten eine wirklich gute Show. Die routinierte Sängerin Cristina Scabbia (die nicht nur hübsch, sondern einfach sympathisch rüberkommt) nahm das Publikum bei der Hand und traf auch hohe und lange gehaltene Töne gut. So lieferte man eine engagierte Show, hinterließ bei mir einen mehr als positiven Eindruck. Lacuna Coil sind live cool, da sie ordentlich Druck machen und dennoch den Gesangslinien Scabbias ihre tragende Rolle belassen, was sie auch in ihrem Stage-Acting umzusetzen weiß. Wie dem auch sei, der gute Mann live an den Drehern hatte auch hier den Bogen nicht ganz raus.

SatyriconUnd dann, es war nocht nicht ganz dämmrig, sollte eine Band auftreten, die nicht nur eine Legende ist, sondern auch ein legendäres Album zu feiern hatte: Satyricon aus Norwegen, schwarzes Urgestein, die genau vor zwanzig Jahren ihr Kult-Album Nemesis Divina rausbrachten waren dann einer der Headliner des Abends. Meine Erwartungen waren überbordend und gerade angesichts der Perspektive, diesen Klassiker in den Mittelpunkt zu stellen, vielleicht zu hoch. Was Satyr und Co. dann boten hat mich schlicht enttäuscht. Der Sänger und Multi-Instrumentalist Satyr wirkte gelangweilt oder demotiviert, schien teils deplatziert auf der Bühne. Noch dazu war der Sound grottenschlecht – Schlagzeug wie Artilleriefeuer hochgedreht, der Rest schien mir irgendwie zwei Kilometer entfernt statzufinden. Das Gebräu aus Black’n’Roll, ihren Klassikern und schlechtem Stage-Stage Acting, das Satyricon auffuhren, war für mich nicht weniger als eine volle Enttäuschung. Wenn man „kult“ ist, dann hat man live viel zu verteidigen; aber, sorry, das ging in die Hose.

Als es dann schon wirklich dunkel war betraten die wirklichen Headliner Arch Enemy die Bühne – und sie waren nicht gekommen, um zu gehen, sondern um den Tag sein todesmelodisches Sahnehäubchen aufzusetzen. Personell kann die Truppe seit jüngster Zeit ja wieder aus dem Vollen schöpfen: Die Gitarristen Michael Amott und seit 2014 Jeff Loomis (Ex-Nevermore) sind Koryphäen in ihrem Handwerk und Vokalistin Alissa White-Gluz macht live gerne das Raubtier und, ähem, das steht ihr. Die Truppe hatte auch mit ihrem jüngsten Werk War Eternal wirklich geilen Stoff am Start und ballerte ein Set  in das dunkle Gewölbe, das eines Headliners würdig war. Gerade hier konnte die Kasemattenbühne, in den Wechsel als Lichtshow und Dunkelheit gebadet, wirklich überzeugen. Kurz, die ErzfeindInnen aus Schweden waren, im Gegensatz zu den abkackenden Satyricon, ein würdiger Headliner.

Wenn ich den Tag am Berg daher Revue passieren lassen, bin ich mit dem Gebotenen mehr als zufrieden. Ein geiles Line-Up (das nächste Mal bitte Moonspell im Billing als Headliner gegen die Schnarchnasen von Satyricon austauschen!), eine tolle Location, gute Organisation, nur der Sound schien mir streckenweise nicht mitzuhalten. Ich gehen davon aus – das Metal On The Hill 2017 ist geplant und wartet mit tollen Namen auf -, dass wir hier der Geburt eines neues Fixsterns am Festival-Himmel beiwohnen durften. Runde Sache!

dr.peda
dr.pedahttps://www.metalunderground.at
Heavy Metal am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen.

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