Bands: Rob Zombie, Korn, Godsmack, Five Finger Death Punch, Papa Roach Date: 10.10.2015 Venue: PPL Park, Chester, PA
Man nehme ein Fußballstadion, lässt dort eine große Anzahl an Food Trucks auffahren, schenkt diverse Craft Biere aus und lässt noch dazu einige namhafte Bands dort auftreten. Was kommt dabei heraus? Genau, ein sehr interessantes Festival, genauer gesagt das Monster Energy Rock Allegiance, welches im PPL Park in Chester, Pennsylvania seine Tore öffnete und bereits Wochen vor der Veranstaltung ein „Ausverkauft“-Schild auf die Arena vor den Toren Philadelphias hängen durfte.
Alleine schon die Preisgestaltung dürfte einige europäische Fans hier durchaus verwundern: Preise zwischen 40 und 80 $, je nachdem wann das Ticket gekauft wird, für ein Festival mit Größen wie Five Finger Death Punch, Godsmack, Korn oder Rob Zombie sind auch trotz der derzeit nicht gerade optimalen Wechselkurse ein Traum. Wenn man sich da noch an andere eintägige Veranstaltungen in unserer Gegend erinnert, wo man durchaus das doppelte für ein weniger schlagkräftiges Lineup ausgeben muss (ich nenne mal als Beispiel das Rock im Pott in der Veltins Arena vor ein paar Jahren), freut man sich hier umso mehr.
Der Teufel liegt aber doch meist im Detail: Eine Ticketbestellung aus Europa ist nicht möglich – der Zugang zum Shoppingportal funktioniert einfach nicht. Ein Kontakt des Service Teams endet mit dem freundlichen Hinweis, dass ihnen keine Probleme bekannt sind und wir sonst halt anrufen sollen. Natürlich sind 20-minütige Telefonate mit Amerikanern kein Problem, es würde doch ein wenig einfacher gehen. Das nächste Problem ist dann auch eher eines, das uns in Europa eher nicht so oft bei Festivals trifft: der Transport zum Stadion (ich nehme mal das Böhse Onkelz Konzert am Hockenheimring aus – die Situation dort würde ich auch eher als grenzwertig bezeichnen). Es gibt zwar einen Zug in den Vorort und einen Shuttlebus zum Stadion, diesen allerdings nur bei Fußballspielen. Es ist zwar nett, dass der Veranstalter dies auch vorab kommuniziert, aber ganz ehrlich: was bringt ein Zug der nur bis 22 Uhr fährt wenn der Headliner um 23 Uhr beginnt?
Was wird auf unseren Festivals nicht geschimpft wenn mal der Bierpreis wieder ein wenig angehoben wird. 5 Euro für einen halben Liter ist zwar recht hoch, aber ein Besuch in den Vereinigten Staaten zeigt hier noch ganz andere Seiten: bis zu 13$ für 0,7 Liter Bier (nein, es handelt sich nicht um die vorhin schon genannten Craft-Biere) oder 15$ für einen Cocktail sind da normal. Auch die 10$ für ein Pizzastück schafft auf einem deutschen oder österreichischen Festival nicht so schnell jemand. Alleine aber die Tatsache, dass ein Großteil der Essensstände bereits gegen 21 Uhr restlos ausverkauft waren zeigt doch, dass hier wohl nur Europäer geschockt sind. Man darf aber nun nicht nur von Abzocke sprechen, es gibt auch positive Beispiele: Festivalshirts um 20$ oder Bandshirts um 25$ sind auch nicht mehr alltäglich.
Man kann es sich eigentlich kaum vorstellen, dass im Oktober noch Open Air Konzerte veranstaltet werden. Die Veranstalter hatten jedoch ziemliches Glück und einen sonnigen Samstag erwischt. Bereits bei unserer Ankunft im Stadion war dieses doch schon ziemlich gut gefüllt. Gerade aufgrund der freien Sitzplatzwahl haben doch gerade die Tribünen-Sitzer schon einiges an Platz belegt. Etwas komisch wirkte die Aufteilung in diesem Fall aber: Inhaber von Sitzplatzkarten durften den Stehplatzbereich nicht betreten, umgekehrt jedoch schon. Das Konzept der Bühnenanordnung jedoch konnte überzeugen. Die beiden gleichwertigen Hauptbühnen standen direkt nebeneinander, dank einiger Leinwände auch für Personen am hinteren Ende des Stadions erkennbar, und wurden auch abwechselnd bespielt. Als Draufgabe gab es noch vor dem Stadion ein Partyzelt, in dem immerhin Bands wie die in Europa noch nicht ganz angekommene Supergroup Saint Asonia oder auch die bei uns schon eher bekannteren Hollywood Undead und auch der Late-Night-Act Steel Panther auftreten durften.
Den Beginn auf den Hauptbühnen machte für uns jedoch In This Moment. Die Band um Sängerin Maria Brink, die ja unter anderem auch schon auf Alben von Bands wie Papa Roach oder Five Finger Death Punch zu hören ist, ist ja nicht gerade einfache Kost (was vor allem am neueren Material liegt), jedoch live durchaus interessanter als auf Platte. Gerade der Druckvolle Sound und die etwas heftigere Ausführung der Songs macht hier wirklich Spaß. Auch wenn man sich hauptsächlich auf den 2014er Output Black Widow konzentriert und so auch starke Hymnen wie Beautiful Tragedy opfert ist der Auftritt wirklich stark. Ob Frau Brink nun wirklich live singt oder nicht war ja auch schon Teil der Diskussionen um die letzte Europa-Tour, so richtig beurteilen kann man es aber wohl nicht. Was den Auftritt jedoch etwas schwierig macht sind die dauernden Pausen zwischen den Songs: muss es wirklich sein, dass man bei einer Spielzeit von 40 Minuten wirklich so viel Zeit für Umkleidepausen der Frontlady investiert?
Eine der wenigen Ausnahmen auf dem Festival bildet Bring Me The Horizon: sie kommen nicht aus Amerika. Die Briten haben sich ja in den letzten Jahren immer mehr von ihren Wurzeln im Hardcore-Bereich verabschiedet und zeigen auch gleich, dass auch die etwas massenkompatiblere Version aus dem Jahr 2015 sehr gut funktioniert. Gleich der Opener Happy Song zeigt eine gutgelaunte Band und auch die Live-Tauglichkeit des neuen Materials. Auch wenn Sänger Oli Sykes ein wenig angeschlagen ist tut dies nicht so viel zur Sache. Einerseits klingt die dadurch etwas rauere Version des Gesangs bei Songs wie Shadow Moses nicht so schlecht, andererseits gibt es mit Keyboarder Jordan Fish ja noch ein Backup der doch ein wenig unterstützen kann. Egal ob nun weitere neue Songs wie True Friends oder Klassiker aus der Richtung Sleepwalking, es passt hier einfach, auch wenn der Sound im Gegensatz zu In This Moment zuvor doch ein wenig schwächer wurde. Alles in allem trotzdem ein starker Auftritt einer sichtlich motivierten Band.
Papa Roach sind ja ein Garant für großartige Live-Auftritte und ich finde es immer noch schade, dass die Band noch immer nur auf Last Resort reduziert wird. Wer das neue Material der Amerikaner kennt wird auch schnell merken, dass die Songs von F.E.A.R. auch durchaus Potenzial haben – es gibt eben ein Leben nach Infest. So kann auch die Eröffnungskombi mit Face Everything And Rise und Between Angels And Insects, genau von den beiden genannten Alben, sofort punkten. Jacoby Shaddix ist wie immer in bester Laune und hat das Publikum sofort im Griff, Gitarrist Jerry Horton, Bassist Tobin Esperance und Drummer Tony Palermo zeigen sich ebenso von ihrer besten Seite und zeigen auch, dass der Sound von Papa Roach auch durchaus heavy sein kann. Natürlich haben sich auch in all den Jahren ein paar ruhigere Nummern wie Scars oder Gravity (unterstützt von Maria Brink, die auch am Album bei diesem Song vertreten ist) in das Programm gefunden, jedoch schafft es natürlich kein Song so eine Stimmung zu erzeugen wie Last Resort. Wie immer ein grandioser Auftritt von Papa Roach.
Five Finger Death Punch kommen ja schön langsam auch in Europa an, in den USA hingegen sind sie bereits seit vielen Jahren Superstars (ein Tipp zu dieser Band meinerseits – das Buch von Drummer Jeremy Spencer beschreibt den Werdegang der Jungs sehr gut). Daher wundert es umso weniger, dass nun wohl jeder Festivalbesucher vor der Bühne steht (das Ende der Zelt-Auftritte mag vielleicht auch ein Grund sein). Egal ob Lift Me Up, Hard To See oder Never Enough, die Band zeigt in diesem Best-Of Set wie moderner Metal klingen soll. Sänger Ivan Moody ist wie immer bestens bei Stimme, Drummer Jeremy Spencer quält seine Bassdrums, das Gitarrenduo Jason Hook und Zoltan Bathory rocken sich durch ihre Riffs und Soli und der Mann mit dem wilden Bart am Bass, Chris Kael, zeigt nicht nur, dass er mit dem Tieftöner umgehen kann, er eignet sich auch in Got Your Six sehr gut als Leadsänger (den Herren dürfte man durchaus öfter ans Mikro lassen). Für etwas Abwechslung sorgt auch die Akustik-Einlage mit Wrong Side Of Heaven und Battle Born, bei dem sich Ivan und Jason alleine die Ehre geben. Was man jedoch nicht ganz versteht: auch wenn man schon so viel Material angesammelt hat wundert es einen doch, dass mit Jekyll And Hyde und dem schon erwähnten Got Your Six nur 2 Songs des letzten Outputs (immerhin auf Platz 2 in den amerikanischen Albumcharts) in der Setlist vertreten sind – immerhin ist der Auftritt am Rock Allegiance doch noch Teil der aktuellen Headliner-Tour. Nach Under And Over It und dem großartigen The Bleeding endet der Auftritt von Five Finger Death Punch jedoch auch viel zu schnell wieder.
Der Status von Godsmack in der europäischen Musiklandschaft war ja zu Zeiten von I Stand Alone oder Awake schon einmal höher. 1000hp hat es noch nicht so richtig auf unseren Musikmarkt gedrückt und auch die Live-Präsenz in Europa ist nicht gerade ausgiebig. Daher zeigt alleine die Platzierung nach Five Finger Death Punch schon, wie groß diese Band in den USA ist. Wer gleich mal zu Beginn mit der letzten Single 1000hp und dem Klassiker Awake loslegen kann der kann schon mal nichts falsch machen. Der Sound drückt, jedoch könnte die Songauswahl doch auch ein paar Klassiker wie Straight Out Of Line beinhalten. Außerdem bin ich auch weiterhin nicht der große Fan von Drumsoli. Es ist zwar nett, wenn aus einem Solo sogar ein Duett wird, aber so richtig passend bleibt es einfach nicht. Ja, wer Godsmack kennt der weiß auch, dass ein Duell zwischen Sully Erna und dem eigentlichen Drummer Shannon Larkin dazu gehört, aber so richtig spannend ist das auch nur beim ersten Mal. Im Großen und Ganzen bleibt jedoch ein starker Auftritt von Godsmack hängen, auch wenn aus meiner Sicht die Setlist nicht ganz optimal war.
Als Pioniere des Nu Metals haben Korn noch immer eine gewisse Fanbase. Gerade durch die Konzentration auf älteres Material im derzeitigen Live-Programm punktet die Band vor allem bei den älteren Fans. Auch wenn ich nie der Fan von Sänger Jonathan Davis sein werde bleibt alleine der druckvolle Sound und eine starke Songauswahl mit Klassikern wie Freak On A Leash, Got The Life, Falling Away From Me oder auch Blind positiv hängen. Auch wenn die Stimmung an diesem Abend durchaus schon mal besser war, viele Besucher waren auch schon auf dem Heimweg (was bei den abendlichen Temperaturen im Oktober auch keinen wundern darf), konnten Korn doch einen Großteil der Anwesenden noch begeistern.
Für uns endet der Abend ebenfalls nach Korn, auch wenn eine amerikanische Show von Steel Panther als Late Night Act doch noch interessant geworden wäre. Wie bereits zu Beginn kurz erwähnt wurde die fehlende Verkehrsanbindung (außer man wäre mit dem eigenen Auto angereist) dann doch noch kurz zum Problem, da auch kaum Taxis in der Nähe des Stadions unterwegs waren. So bleibt einem nur der Griff zu Uber, was zwar durchaus zu empfehlen ist, bei einer Großveranstaltung jedoch sehr teuer werden kann.
Was bleibt also vom Besuch bei einem amerikanischen Festival so hängen? Dank einer großartigen Bandauswahl, zahlreichen Essens- und Getränkeständen und relativ günstige Tickets sind einige Aspekte natürlich als positiv zu erwähnen. Was jedoch nicht gerade gut kommt ist die Tatsache, dass der Veranstalter nichts für die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmittel tut und die Preise gerade bei Essen und Trinken doch sehr hoch sind. Hierbei handelt es sich aber wohl generell um ein amerikanisches Problem.